Grogtörn in der dänischen Südsee

Wir haben Hexagon schon während der Woche mit den Tourutensilien und den Vorräten ausgerüstet und teilweise an Bord übernachtet, so schaffen wir es kurz vor halb zehn locker vor der Trigon auszulaufen. Hobbymeteorologe Helle kommt noch auf einen Schwatz vorbei und warnt uns vor angekündigten 8 Bft., wir sind etwas verdutzt, denn danach sieht es laut unserem Wetterbericht nicht aus.

Da wir uns ein straffes Programm ausgesucht haben, wollen wir heute trotz des schwachen Windes bis Strynø, einer kleinen Insel zwischen Marstal und Rudkøbing kommen.

Um für eine ausführliche Sicherheitseinweisung Zeit und Ruhe zu haben, verlassen wir die Förde unter Groß und Genua und umfahren das Verkehrstrennungsgebiet südöstlich. Bei SW 2 haben wir so nach dem VTG einen Raumschotskurs nach Marstal, den wir natürlich unter Spi in Angriff nehmen. Unterwegs treffen wir die „Jan Cux“ auf Angelfahrt. Da der Wind ohnehin nahezu eingeschlafen ist und Sandra so gerne angeln möchte, bergen wir ebenfalls die Segel, angeln ein bißchen und essen in Ruhe Mittag. Gefangen wurde nichts, aber wir hatten eine schöne Siesta.
Als wieder Wind aufkommt, setzen wir wieder Segel und kommen flott voran – so flott, daß selbst fast doppelt so große Yachten uns kaum Strecke abnehmen können, wir über weite Strecken sogar mithalten können :-).

An der Ansteuerungstonne Marstal bergen wir den Spi und kreuzen das Fahrwasser auf, gefolgt von der „Arndt“. Nachdem Ost-Knick nördlich von Marstal setzen wir sofort wieder Spi und ab da hat die „Arndt“ auch mit ausgebaumter Genua keinen Auftrag mehr und fällt langsam aber sicher achteraus. Zwei aus der Crew können den faszinierenden Sonnenuntergang und die vergeblichen Mühen der „Arndt“ hinter uns in voller Länge geniessen, Navi-leuchten anschalten und Rettungswesten ausgeben – Steuermann und Spischoter müssen leider nach vorne sehen :-(. Der Wind hatte schon seit Marstal auf West gedreht, so daß wir bisher ziemlich platt vor dem Laken gefahren sind und froh sind ab der Untiefentonne südlich von Strynø anluven zu können; da er auch noch eine Spur zugelegt hat geben wir auf den letzten Metern noch mal richtig Gas, bergen vor denn kleinen Hafen die Segel und tasten uns unter Motor im Schritttempo rein.

Bisher war Markus recht angetan von Strynø, aber dieses Mal ist es eine rechte Enttäuschung: die Blaualgen erzeugen ein olfaktorisch sehr fragwürdiges Ambiente. Auch die Hafenratte die an Deck krabbelt, ist nicht willkommen (sollten wir uns Rattenteller zulegen?!?). Die Krönung ist aber das Wasser aus der Leitung: es stinkt auf Meter derart nach Schwefel, daß wir gottfroh sind, eigene Trinkwasserreserven an Bord zu haben.

Nichtsdestotrotz ein äußerst erholsamer, wunderschöner Tag.

Morgens begrüßt uns strahlender Sonnenschein und, wir können unser Glück kaum fassen, 3 Bft aus SE.
Nach einem königlichen Frühstück legen wir ab und tasten uns nur unter Groß durch die Durchfahrt nördlich von Strynø, was sich GPS-unterstützt deutlich ruhiger machen lässt (Danke Torsten!). Nach den Untiefen setzten wir noch die Fock, die wir südlich Drejø gegen den Spi auswechseln und ab da kennt Hexagon kein Halten mehr, lediglich eine einzige ca. 12m Yacht kann noch mithalten.
Ab dem kleinen Belt hilft die Welle mit und der eine oder andere Handfeste Surf zaubert dem Skipper ein Grinsen Marke: Ohne-Ohren-ginge-es-rundum – ins Gesicht :-). Als uns dann auch noch eine X 79 unter Groß und Fock stark gekrängt, die ganze Crew dick in Ölzeug verpackt entgegen kommt, wird uns noch mal deutlich wie gut wir es haben :-))).
Nur die letzte Stunde in die Dyvig müssen wir wieder unter Groß und Fock in abnehmendem Wind fahren. Als der direkt hinter der Einfahrt dank Landabdeckung völlig einschläft, fahren wir unter Motor weiter, allerdings in die Mjelsvig. Landschaftlich noch schöner als die Dyvig werden auch noch neue Sanitäranlagen und Brötchenservice geboten und ein Schutz wie in Abrahams Schoß.

In 7 (sieben !!!) Stunden derart entspannt mal eben 45 sm runterzureißen ist ein sehr erhebendes Gefühl. Abends beobachten wir, wie am Vortag, Wetterleuchten. Heute gibt’s auch noch ein Gewitter samt Wolkenbruch und heftigen Böen dazu, welches, weil’s so schön ist, gleich zweimal über uns drüber zieht – irres Naturschauspiel, besonders vom Hafen aus!

Der Wetterbericht am nächsten Tag ist vielversprechend und so spannen wir noch beim Auslaufen Strecktaue und ziehen unser Ölzeug und die Rettungswesten an. Der Alsfjord lässt uns noch ganz gut passieren, schmunzeln müssen wir nur über einen Segler mit Windfahnensteuerung: sie sorgt in den drehenden Windböen für Schlangenlinien wie sie kein Betrunkner besser hinkriegen würde :-).

Im Alsfjord sieht die Sache schon anders aus: bis auf einen konventionellen Seekreuzer, eine X 99 und uns nehmen alle die Segel weg und motoren. Obwohl es genau gegenan geht und die Böen in dem Fjord echt lästig sind geht schaffen wir es bis zur Sønderborg Brücke in 75’. Wir kommen genau richtig und müssen nur 10’ warten. Die Brücke ist noch nicht ganz oben da stürmt von beiden Seite die Meute entfesselter Irrer los – wenn man’s nicht mit eigenen Augen gesehen hat glaubt man’s nicht! Interessant wird es auch noch mal am Schloß: die ganze Horde führt sich auf wie die ersten Menschen und dem armen Segler, der einlaufen will, bleibt nichts anderes übrig als sich ganz am westlichen, also falschen, Fahrwasserrand zu halten. Denn die „Innenkurve“ ist voll.

Da die Landabdeckung wegfällt, geht’s auch gleich gut los und noch vor LT Kalkgrund ist das erste Reff eingebunden. Eigentlich wollen wir etwas weiter außen halten aber direkt in Lee von uns hält sich eine 32ft Beneteau und will partout dicht unter Land fahren. Nach einer Weile wird uns das Spiel zu dumm und wir hängen für ein paar Minuten etwas mehr und schon können wir abfallen. Vor Falshöft binden wir das zweite Reff ein; unter der Wolkenbank die dann über uns drüber geht, ist aber auch das zuviel Segelfläche.
Da es dahinter aber wieder heller wird, sitzen wir es aus und sind dankbar, dass pünktlich zur Einfahrt in die Schlei der Wind auf 6Bft zurück geht und die Richtung einen Hart-am-Wind-Kurs bis zur Reede vor Maasholm zulässt. Dort bergen wir die Segel und der arme Motor ist in den Böen leicht überfordert. Das Passieren des Fahrwassers wird noch mal spannend, denn die einlaufenden Skipper können mit unserem Wunsch das Fahrwasser zu queren nicht richtig viel anfangen. Nach einer kurzen Beruhigungsrunde im Hafen suchen wir uns einen Liegeplatz und sind ziemlich froh endlich fest zu sein.
Eine Segellatte wurde im Alsfjord rausgeschüttelt und 10cm Segelnaht ist aufgegangen und wird sofort fachmännisch repariert. Das trübt die Bilanz zwar etwas, aber für einen Tag wie heute auch nicht zu schlecht. Zur Erholung gibt’s Bauernfrühstück und zum Dessert Pfannkuchen.

Der nächste Morgen begrüßt uns wieder mit strahlendem Sonnenschein, aber es bläst immer noch ganz passabel, so daß wir noch im Hafen Strecktaue spannen. Das Großsegel im zweiten Reff setzten wir auf dem Weg zum Hauptfahrwasser, während uns die einlaufende „Nis Randers“ passiert, die Fock dann im Hauptfahrwasser auf dem Weg nach Schleimünde. Vor Schleimünde lassen wir uns davon überzeugen, daß es deutlich ruhiger ist als gestern und reffen auf das erste Reff aus; so machen wir gute Fahrt und müssen uns nicht allzu sehr anstrengen, denn wir haben von gestern alle einen ordentlichen Muskelkater.
Es geht Autobahn-artig bis zur Kieler Förde, diese aber müssen wir dann komplett aufkreuzen.
Um die Tourausrüstung wieder in den Materialkeller zu bringen, segeln wir zuerst in die Schwentine und da sich die Saison dem Ende neigt, laden wir gleich alles nicht mehr benötigte mit aus. In Düsternbrook machen wir rein-Schiff und uns auf den Heimweg.

Vier Tage, 143 sm, abwechslungsreiches Wetter, um viel Erfahrung und Erlebnisse reicher – wird uns lange in Erinnerung bleiben 🙂

©Markus Pelz

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